Keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bei überwiegend eigenbetrieblichem Interesse

Ungeachtet einer bestehenden Außenverpflichtung ist der Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) dann ausgeschlossen, wenn die Verpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung von einem eigenbetrieblichen Interesse vollständig "überlagert" wird. Dies entschied der BFH mit Urteil vom 22.01.2020, XI R 2/19, DStR 2020, 1298.

Sachverhalt

Eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand in der Ausführung von Gerüstbauten besteht, unterhielt in Y ein Zentrallager für Gerüstmaterial. In den Streitjahren 2007, 2009, 2010 und 2012 bildete sie Rückstellungen für die mit der Auflösung von Baustellenlagern bei den Auftraggebern verbundenen Aufwendungen. Hierzu war sie vertraglich verpflichtet.

Das Finanzamt und das FG vertraten die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung für die mit der Auflösung von Baustellen verbundenen Aufwendungen nicht erfüllt seien.

Entscheidung

Die Revision der GmbH wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen.

Gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG setze der Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung eine Verpflichtung gegenüber einer dritten Person voraus und stelle als erzwingbarer Anspruch eine wirtschaftliche Belastung darf.

Außenverpflichtungen gleichermaßen. Nach Maßgabe ständiger Rechtsprechung des BFH seien bei Bildung von Rückstellungen die wirtschaftlichen Interessen des Leistungsverpflichteten und des Anspruchsberechtigten zu gewichten und im Einzelfall ein eigenbetriebliches Interesse als wirtschaftlich auslösendes Element der Belastung zu werten. Im Streitfall habe das eigenbetriebliche Interesse der GmbH an der Auflösung des jeweiligen Materiallagers an der Baustelle die Verpflichtung zur Räumung vollständig überlagert.

Es folge schon aus dem erheblichen Umfang und Wert des auf den Baustellen befindlichen Materials, dass die geordnete Räumung des Grundstücks und der Rücktransport des Materials eher im Interesse der GmbH liege, da ein Verlassen der Baustellen unter Zurücklassen des Materials die GmbH wesentlich härter treffen würde als ihre Auftraggeber, die das zurückgelassene Material gewinnbringend verwerten, dem nächsten Auftragnehmer zur Verfügung stellen oder auf Kosten der Klägerin entsorgen könnten.

Autor: Tino Srebne

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