Vorsicht beim Antrag auf Anwendung der ermäßigten Besteuerung gem. § 34 Abs. 3 EStG

Vorsicht beim Antrag auf Anwendung der ermäßigten Besteuerung gem. § 34 Abs. 3 EStG

Einmal im Leben kann man für bestimmte außerordentliche Einkünfte die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes beantragen (§ 34 Abs. 3 EStG). Den Antrag kann man später aber nur in bestimmten Fällen zurücknehmen.

Das musste ein Steuerpflichtiger in der BFH-Entscheidung vom 20.04.2023 leidvoll erfahren.

Was war geschehen?

Im VZ 2007 war ein begünstigter Veräußerungsgewinn entstanden und eine ermäßigte Besteuerung beantragt worden. Das Finanzamt setzte die ESt antragsgemäß ermäßigt fest, die Festsetzung wurde später formell und materiell bestandskräftig.

Aufgrund einer Außenprüfung kam es zu einer Minderung des in einem Grundlagenbescheid festgestellten Veräußerungsgewinns, die ESt wurde gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO gemindert.

Dadurch war auch der „Nutzen“ des Antrags gem. § 34 Abs. 3 EStG deutlich gemindert worden.

Zwischenzeitlich hatte der Steuerpflichtige im VZ 2014 einen weiteren dem Grunde nach begünstigten Veräußerungsgewinn erzielt. Bei diesem hätte sich der Antrag auf ermäßigte Besteuerung stärker ausgewirkt als nun für 2007. Die ermäßigte Besteuerung war aber „verbraucht“ und sollte nun im Rahmen eines Einspruchs gegen den Änderungsbescheid ESt 2007 (der zu einer niedrigeren Steuer geführt hatte) zurückgenommen werden, um für den VZ 2014 wieder „frei“ zu werden.

FG und BFH lehnten dies jedoch ab!

Der BFH verweist insbesondere auf die Anfechtungsbeschränkung gem. § 351 Abs. 1 AO. Wichtig ist hierbei, dass die bisher (vor Erlass des mindernden Änderungsbescheids) festgesetzte Steuer die „Anfechtungsobergrenze“ bildet. Ohne Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG wäre die ESt 2007 höher als diese Obergrenze festzusetzen gewesen, was aber nicht auf die Anwendung von Korrekturnormen hätte gestützt werden können.

Denn die Rücknahme des Antrags stellt kein rückwirkendes Ereignis gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar!
Einen nur teilweisen Wegfall des Antrags (bis zum Erreichen der Obergrenze) lehnt der BFH ab.

Im Ergebnis war also die ermäßigte Besteuerung im VZ 2007 verspielt worden und konnte nicht in den VZ 2014, wo sich die größere Steuerersparnis ergeben hätte, hinübergerettet werden. Etwas anderes hätte sich ergeben, wenn die ESt 2007 aufgrund eines Einspruchs insgesamt noch „offen“ gewesen wäre oder z. B. ein Vorbehalt der Nachprüfung bestanden hätte. Oder wenn die Erhöhung aufgrund des Wegfalls des § 34 Abs. EStG geringer gewesen wäre als die Minderung wegen der Änderung aus anderen Gründen (hier § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO). In diesem Fall wäre der Anfechtungsrahmen des § 351 Abs. 1 AO nicht verlassen worden.

Fundstelle: BFH-Urteil vom 20.04.2023, III R 25/22

Autor: Thore Guse