Anwendungsbereiche des § 6a GrEStG

Nachdem der BFH mit Datum vom 21. und 22.08.2019 in gleich sieben Entscheidungen den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG deutlich zu Gunsten der Steuerpflichtigen erweitert hat, reagierte die Finanzverwaltung mit einem gleich lautenden Ländererlass vom 22.09.2020 und übernahm die Rechtsprechung des BFH in weiten Teilen.

Nicht zu entscheiden hatte der BFH in den Urteilen über die Frage, ob auch ein Einzelunternehmen, welcher über Grundbesitz verfügt, und in eine (neu gegründete) GmbH (nach § 20 UmwStG) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eingebracht werden soll, in den Genuss der Steuerbefreiung des § 6a GrEStG kommen kann.

Die Finanzverwaltung vertritt unter Tz. 2.1 die Ansicht, dass in den Fällen der Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG nicht einschlägig ist.

Neben dem Sächsischen Finanzgericht (Urteil vom 30.06.2021, 2 K 121/21) hat nun auch das FG Münster (Beschluss vom 03.05.2022, 8 V 246/22) entschieden, dass § 6a GrEStG auf Einbringungen von grundbesitzenden Einzelunternehmen im Wege der Ausgliederung zur Neugründung anwendbar ist.

Zunächst stellte das FG fest, dass der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG, der (unter anderem) einen Vorgang gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfordert, im Falle der Ausgliederung zur Neugründung gemäß § 123 UmwG erfüllt ist. Weiterhin erfordert § 6a GrEStG, dass an dem Umwandlungsvorgang eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften im Sinne des § 6a Satz 3 i. V. m. Satz 4 GrEStG beteiligt sind. § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG verlangen überdies, dass das dort bestimmte Abhängigkeitsverhältnis innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) bestanden haben muss. Einschränkend hierzu hat der BFH jedoch entschieden, dass bei Umwandlungen, bei denen eine Gesellschaft erst gegründet wird, bzw. eine Gesellschaft erlischt, es auf die Vor- bzw. Nachbehaltensfrist nicht ankommt. Vorliegend gelangt das Gericht – völlig zu Recht – und im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu dem Ergebnis, dass auch die übrigen Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt sind: der Einzelunternehmer erfüllt die Voraussetzungen an den herrschenden Unternehmer, da der BFH es ausreichen lässt, dass die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen gehalten und über die Beteiligung am Markt eine wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet wird. Weiterhin muss eine etwaige Vorbehaltensfrist in Bezug auf die Kapitalgesellschaft nicht eingehalten werden, da die Kapitalgesellschaft im Zuge der Ausgliederung des Einzelunternehmens neu gegründet wurde, sodass im Ergebnis die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG Anwendung findet.

Für den Steuerpflichtigen gilt es zu beachten, dass die vorstehenden Grundsätze nur Geltung beanspruchen, wenn die Einbringung des Einzelunternehmens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, also im Rahmen des UmwG, erfolgt. Bei einer Einzelrechtsnachfolge begründet die Einbringung des Grundstücks in die GmbH den Tatbestand des § 1 Abs. 1 GrEStG, der gerade nicht von § 6a GrEStG erfasst wird.

Es bleibt mit Spannung zu erwarten, wie der BFH in dieser Sache entscheiden wird. Aufgrund der früher ergangenen Entscheidungen des BFH spricht sehr viel dafür, dass der BFH die Ansicht des Sächsischen Finanzgerichts und des FG Münster teilen wird.

Autor: Jan Reiter