Beendigung der Selbstnutzung eines Familienheims

Der BFH muss sich immer wieder mit der Befreiungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG befassen, wonach der Erwerb des Eigentums von Todes wegen an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück durch den überlebenden Ehegatten steuerfrei ist, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Flankiert wird die Norm durch eine zehnjährige Nachbehaltensfrist, die zu einer rückwirkenden Versagung der Steuerbefreiung führt, wenn das Grundstück nicht mehr zu Wohnzwecken selbst genutzt wird, es sei denn, der Erwerber ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

In dem Streitfall waren zunächst die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG unstreitig erfüllt: Der Erblasser und die Erwerberin bewohnten bis zu dem Tode des Erblassers gemeinsam ein Haus, in welchem sodann die Erwerberin nach dem Tode des Erblassers weiterhin wohnte.

Aufgrund gesundheitlicher Probleme (Trauma) veräußerte die Erwerberin das Einfamilienhaus nach ca. 1 Jahr nach dem Tod des Erblassers und erwarb eine Eigentumswohnung, in welche sie ca. 2 Jahre nach dem Tod des Erblassers einzog. Über die gesundheitlichen Probleme, die aufn das Familienheim zurückzuführen waren, konnte die Erwerberin Nachweise erbringen.

Gleichwohl lehnte das Finanzamt und dem folgend das FG Münster die Begünstigung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG ab, da zwingende Hinderungsgründe für eine Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke nicht vorgelegen haben.

Dem schob nun allerdings der BFH ein Riegel vor. In seinem Urteil vom 01.12.2021, II R 1/21, entschied der BFH, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen zwingende Gründe darstellen können, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unzumutbar machen. Insbesondere führt der BFH aus, dass sich die Hinderungsgründe auf die Selbstnutzung des betreffenden Familienheims beziehen, nicht aber, ob der Erwerber in der Lage ist, an einem anderen Ort einen Haushalt zu führen. Ein zwingender Grund liegt dann vor, wenn der Erwerber im Falle der weiteren Selbstnutzung des Familienheims eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu befürchten hat, die ein weiteres Verbleiben dort unzumutbar macht. Dies hat der Erwerber zu nachzuweisen. Gelingt ihm der Nachweis, so ist die Steuerbefreiungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG erfüllt.

Autor: Jan Reiter