Bestechungsgelder als abziehbare Betriebsausgaben
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG dürfen die folgenden Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern: die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.
I. Sachverhalt
Im Sachverhalt, der der BFH-Entscheidung zugrunde liegt, stellte eine Steuerpflichtige (X) ihren ausländischen Abnehmern höhere als die tatsächlich vereinbarten Preise in Rechnung (sog. Überfakturierungen), wobei die Abnehmer die höheren Beträge beglichen. In Höhe der Mehrbeträge wurden angebliche Provisionszahlungen an eine Schweizer AG, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhielt, geleistet. Die Gelder sollen von dort aus an die betreffenden ausländischen Abnehmer der X weitergeleitet worden sein. Die Großbetriebsprüfung stützte eine Versagung des Betriebsausgabenabzugs auf § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, hielt aber auch ein Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG i. V. m. § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB für möglich, weil es sich bei den Zahlungen ins Ausland um „Bestechungsgelder“ gehandelt habe. Finanzamt und FG stützten ein Abzugsverbot auf die einkommensteuerliche Vorschrift, wobei das FG der Auffassung war, dass die abstrakte Strafbarkeit nach § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB unabhängig vom Verschulden des Zuwendenden ausreichend sei. Insoweit sei allein auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestands abzustellen, um den Gesetzeszweck der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durchzusetzen.
II. Entscheidung des BFH
Der BFH hob das FG-Urteil aufgehoben und verwies die Sache aus mehreren Gründen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
Weil nach § 15 StGB nur vorsätzliches Handeln strafbar sei, wenn nicht das Gesetz ausdrücklich fahrlässiges Handeln mit Strafe bedroht, müsse – anders als nach Auffassung des FG – auch der subjektive Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt sein.
Der Schluss des FG, dass die streitbefangenen Aufwendungen vollständig als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) anzusehen seien, lasse sich zudem nicht uneingeschränkt nachvollziehen.
Die Feststellungen des FG ließen auch keine Beurteilung zu, ob im Streitfall eine Bevorzugung der X durch ihre Kunden, d.h. eine sachfremde Entscheidung zwischen der X als Lieferant und zumindest einem Mitbewerber, möglich gewesen sei.
Ebenfalls könne nicht beurteilt werden, ob die angeblichen tatsächlichen Empfänger, an die die Schweizer AG die streitbefangenen Gelder weitergeleitet haben soll, als Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs i. S. d. § 299 Abs. 2 StGB anzusehen seien. Soweit das FG fälschlich davon ausgegangen sei, dass der subjektive Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB nicht erfüllt sein müsse, gleichwohl aber einen bedingten Vorsatz des Geschäftsführers der X bejaht habe, trügen seine bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht seine Würdigung, dass der Geschäftsführer jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe.
III. Schlussfolgerung
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl. I 1999, 402) mit dem Ziel neu gefasst, das darin schon zuvor formulierte Abzugsverbot zur wirksameren Bekämpfung von Korruption unabhängig von der Ahndung einer Bestechungshandlung auszugestalten (vgl. BT-Drucks. 14/23, S. 169). Seither genügt eine rechtswidrige Tat i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB (vgl. auch BT-Drucks. 14/23, S. 169). Um eine Nichtabziehbarkeit etwaiger Bestechungsgelder als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG zu begründen, wird das FA daher künftig nachzuweisen haben, dass
- ein „Bestechungsgeld“ überhaupt vorlag (sachwidrige Gründe für die Zahlung)
- ein vorsätzliches Handeln vorlag und
- die tatsächlichen Empfänger, an die Gelder weitergeleitet werden, als Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs i. S. d. § 299 Abs. 2 StGB anzusehen sind.
Autor: Prof. Alexander Kratzsch