Betriebsaufspaltung trotz Beteiligung eines „Nur-Besitz-Gesellschafters“

Der BFH entschied jüngst (erneut) darüber, ob die Beteiligung eines „Nur-Besitz-Gesellschafters“ eine personelle Verflechtung verhindert. In dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BFH zugrunde lag, waren die geschäftsführenden Gesellschafter R, L und F zu je 33 % an einer GbR beteiligt. Vereinbart war die gemeinsame Vertretung durch jeweils zwei geschäftsführende Gesellschafter. Die restliche Beteiligung i. H. v. 1 % hielt der nicht geschäftsführungsbefugte W.

Für Gesellschafterbeschlüsse der GbR galt das Einstimmigkeitsprinzip. R, L und F hielten zudem jeweils 1/3 der Anteile einer GmbH und waren zugleich deren Geschäftsführer (gemeinsame Vertretung durch zwei Geschäftsführer oder einen Geschäftsführer und einen Prokuristen). Die GbR überließ der GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage. Eine Entbindung von § 181 BGB lag nicht vor.

Eine personellen Verflechtung war aus zwei Gründen fraglich. Zum einen war an der Besitzgesellschaft mit W ein sog. „Nur-Besitz-Gesellschafter“ bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips beteiligt. Zum anderen stand die fehlende Entbindung vom Verbot des Insichgeschäfts dem Abschluss von Verträgen zwischen den Gesellschaften durch ihre Geschäftsführer entgegen. Entscheidend ist nach Ansicht des BFH, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen (Personengruppe). Wesentliche Fragen seien insbesondere die hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen bestehenden Nutzungsüberlassungsverträge, die nicht gegen den Willen der Personengruppe aufgelöst werden können sollen (BFH v. 28.5.2020 – IV R 4/17). Insoweit ist maßgebend, ob der Nur-Besitz-Gesellschafter W eine Kündigung des Mietvertrags gegen den Willen der am Besitz- und Betriebsunternehmen beteiligten R, L und F durchsetzen konnte. Dies war aus Sicht des IV. Senats nicht der Fall, und zwar unabhängig davon, ob die Kündigung der laufenden Verwaltung (Wahrnehmung durch Geschäftsführung) oder den Grundlagengeschäften (Beschluss der Gesellschafterversammlung) zuzuordnen ist. Daher stand der Einstimmigkeitsvorbehalt in der Besitz-GbR nach Ansicht des BFH der personellen Verflechtung nicht entgegen (BFH v. 28.5.2020 – IV R 4/17). Das Urteil bestätigt, dass man das Vorliegen einer personellen Verflechtung im Einzelfall und unter Beachtung der gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten prüfen sollte, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Autor: Prof. Dr. Alexander Kratzsch