Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten auch in Fällen geringer Bedeutung
Aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lässt sich eine Einschränkung der Pflicht zur Bildung auf wesentliche Fälle entnehmen.
Sachverhalt
Peter Postenlos erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Zu verschiedenen zeitraumbezogenen und vorausgezahlten Aufwendungen (wie z. B. Versicherungsbeiträgen und KfZ-Steuern) bildete er keine aktiven Rechnungsabgrenzungsposten mit der Begründung, dass der einzelne RAP unterhalb der GWG-Grenze liegen würde.
Zu Recht?
Entscheidung des BFH (Urteil vom 16.03.2021, X R 34/19)
Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lässt sich eine Einschränkung der Pflicht zum Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten auf wesentliche Fälle entnehmen. Somit fehlt es an einer rechtlichen Grundlage für ein Wahlrecht zur Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Fällen von geringer Bedeutung. Die Existenz des Grundsatzes der Wesentlichkeit steht zwar außer Frage. Das ESt-Recht zeigt, z. B. bei der Sofortabsetzung von GWG nach § 6 Abs. 2 EStG, dass ein periodengerechter Ausweis entbehrlich sein kann. Für ein Wahlrecht i. R. d. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG hätte es aber einer gesetzlichen Regelung bedurft, wonach es dem Steuerpflichtigen erlaubt ist, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten. Die gesetzgeberischen Überlegungen bei der Behandlung von GWG in § 6 Abs. 2 EStG können nicht auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten übertragen werden. Hiergegen spricht, dass diese nicht als Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind und dass mit der Sofortabschreibung von GWG (neben der Vereinfachung) gesetzlich auch der Zweck der „Verbesserung der Selbstfinanzierung der Unternehmen“ verfolgt wird.
Zudem kann es bei einer Vielzahl in der Gewinnermittlung nicht berücksichtigter, geringfügiger aktiver Rechnungsabgrenzungsposten doch – insgesamt – zu einer bedeutenden Verzerrung des Einblicks in die Vermögensund Ertragslage kommen.
Hinweis
Die Entscheidung des BFH ist aus Sicht der Praxis zu bedauern, da dies der X. Senat des BFH zuletzt noch ganz anders gesehen hatte. In seinem Beschluss vom 18.03.2010, X R 20/09, DStRE 2010, 1036, wurde noch die Orientierung am GWG-Wahlrecht des § 6 Abs. 2 EStG als rechtmäßig angesehen.
Autor: Tino Srebne