Buchwertübertragungen zwischen personenidentischen Schwesterpersonengesellschaften möglich: BVerfG und Entwurf JStG 2024
Das Bundesverfassungsgericht hatte das neue Jahr mit einem Paukenschlag begonnen:
Mit seinem Beschluss vom 28.11.2023 (2 BvL 8/13) erklärt das Gericht § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG dahingehend für verfassungswidrig, als dass diese Norm den Ausschluss der Buchwertfortführung zwischen personenidentischen Schwesterpersonengesellschaften vorsieht.
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ermöglicht in bestimmten Fällen die steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zu Buchwerten. Die stillen Reserven werden in diesen Fällen nicht aufgedeckt.
Nach dem Wortlaut der Norm des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ist die unentgeltliche Buchwertübertragung zwischen Schwestergesellschaften nicht vorgesehenen. Daher war diese Frage schon seit Einführung der Vorschrift umstritten. Die Finanzverwaltung hielt sich an den Wortlaut und verneinte die Möglichkeit der Buchwertübertragung zwischen personenidentischen Schwesterpersonengesellschaften.
Die Rechtsprechung des BFH zu dieser Frage war uneinheitlich. Aus diesem Grund legte der I. Senat des BFH im Jahr 2013 (!) die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vor. Dieses entschied wie folgt:
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), soweit die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ausgeschlossen ist.
Begründung:
Der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt – so das BVerfG – weil Einzelunternehmer Wirtschaftsgüter unentgeltlich zu Buchwerten zwischen ihren Betriebsvermögen übertragen können. Auch eine Buchwertfortführung bei Wirtschaftsguttransfer innerhalb derselben Mitunternehmerschaft sei möglich. Bei personenidentischen Schwesterpersonengesellschaften sei dies hingegen im Gesetz nicht vorgesehen.
Mit seiner Entscheidung verpflichtet das BVerfG nunmehr den Gesetzgeber rückwirkend für Übertragungen nach dem 31. Dezember 2020 eine Neuregelung zu schaffen. Bis zur Einführung der Neuregelung bleibt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auch für die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen personenidentischen Schwesterpersonengesellschaften anwendbar.
Ausblick JStG 2024:
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2024 vom 05.06.2024 soll § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG um eine Nr. 4 ergänzt werden. Eine Buchwertfortführung soll danach auch möglich sein, „soweit ein Wirtschaftsgut unentgeltlich zwischen den Gesamthandsvermögen verschiedener Mitunternehmerschaften derselben, identisch beteiligten Mitunternehmer übertragen wird“.
Bei Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten ist eine Buchwertfortführung nicht möglich.
Eine Beteiligungsidentität soll lt. Gesetzesbegründung nicht vorliegen, wenn unmittelbar oder mittelbar eine natürliche Person oder eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nur an einer der beiden Mitunternehmerschaften beteiligt ist, wobei Null-Prozent-Beteiligungen allerdings unschädlich sind.
Die Neuregelung soll in allen noch offenen Fällen gelten. Aus Vertrauensschutzgründen kann auf gemeinsamen Antrag bei Übertragungen vor dem 12.01.2024 von der Anwendung der Neuregelung abgesehen werden.
Autor: Julia Pietrzik
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