Doppelbesteuerung von „Signing“ und „Closing“ bei GrESt nicht entschärft
Mit gleich 3 Ländererlassen vom 05.03.2024 hat die Finanzverwaltung den „Frühjahrsputz“ im GrESt-Recht erledigt und sich insbesondere zur Anwendung von § 1 Abs. 3, §§ 5, 6 GrEStG geäußert.
Vorteil:
Die Erlasse entsprechen alle dem aktuellen Gesetzesstand (insbesondere hinsichtlich der Grenze von 90%) und berücksichtigen die aktuelle BFH-Rechtsprechung.
Nachteil:
Die Finanzverwaltung bleibt bei der möglichen Doppelbesteuerung einer Anteilsübertragung hart! Seit Einführung von § 1 Abs. 2b GrEStG kann es bei der Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft dazu kommen, dass der Abschluss des Rechtsgeschäfts (Notarvertrag), sog. Signing, den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllt und der anschließende Übergang der Anteile, sog. Closing, den Tatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG.
Fallen der Abschluss und der Vollzug zeitlich auseinander, liegen seit dem 01.07.2021 grundsätzlich zwei steuerbare Vorgänge vor. Hier dem Gesetzgeber Absicht zu unterstellen, erscheint in Anbetracht der Alternative zu viel des Guten: Mangelnde Sorgfalt („Schlamperei“) ist wahrscheinlicher!
Aber ist das Kind einmal in den Brunnen gefallen, bekommt man es so leicht nicht wieder heraus. Auf keinen Fall die obersten GrESt-Referenten des Bundes und der Länder, denn „viel hilft viel“, zumindest bei der Besteuerung.
Stattdessen wird auf die Möglichkeit des § 16 Abs. 4a GrEStG verwiesen: Wenn alle Vorgänge rechtzeitig und vollständig angezeigt werden, kann eine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG verhindert werden.
Dass dazu aber eine Anzeige innerhalb von 2 Wochen (§ 18 Abs. 3, § 19 Abs. 3 GrEStG) erforderlich ist, erwähnt der Erlass nicht explizit. Auch nicht, dass in der Praxis schon eine Frist von 1 Monat oftmals „sportlich“ ist.
Eine klarstellende Aussage zu einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen für den Fall, dass beide Tatbestände verwirklicht wurden und nicht offensichtlich fristgerecht angezeigt wurde, dahingehend, dass im Ergebnis die Steuer nur einmal festzusetzen (§ 163 AO) oder zu erheben (§ 227 AO) ist, ist leider nicht getroffen worden.
Es heißt daher weiterhin: Wachsam bleiben bei Anteilsübertragungen! Und auf eine GrESt-Reform bis Ende 2026 hoffen, die das Gewirr der Ergänzungstatbestände neu ordnet.
Fundstelle: Gleichlautende Ländererlasse vom 05.03.2024, BStBl 2024 I S. 383, 393 und 410
Autor: Thore Guse
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