Erweiterte Kürzung im Falle einer Betriebsverpachtung
Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die
- ausschließlich eigenen Grundbesitz
- oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen
- oder daneben Wohnungsbauten betreuen
- oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern,
die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung).
Die Beteiligten stritten dahingehend, ob im Falle einer Betriebsverpachtung die erweiterte Kürzung bei dem Verpächter ausgeschlossen ist, wenn sich dessen Tätigkeit auf die Nutzungsüberlassung ausschließlich von Grundbesitz zum Betrieb eines Autohauses mit Reparaturwerkstatt und Waschanlage beschränkt.
Der BFH entschied zunächst, ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht sei zwar kein Grundbesitz, es sei jedoch für Zwecke des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG dem Grundbesitz des entsprechenden Wohnungs- oder Teileigentümers zuzuordnen, dessen Inhalt es bestimmt. Die Mitvermietung von Wohnungs- bzw. Gebäudebestandteilen, die durch Teilungserklärung oder Gesetz dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet sind (zum Beispiel Fenster nebst Rahmen), stelle sich als zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung eigenen Grundbesitzes dar und ist nicht kürzungsschädlich.
Eine Betriebsverpachtung ist nicht kürzungsschädlich, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich hierbei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt. Zudem wies der BFH darauf hin, dass die erstinstanzlich vertretene Auffassung, die Klägerin habe im Rahmen des Gewerbemietvertrags neben eigenem Grundbesitz kürzungsschädlich zumindest auch eine Betriebsvorrichtung in Gestalt der Autowaschanlage vermietet, fehlerhaft war.
Die Frage, ob Betriebsvorrichtungen Gegenstand eines Mietvertrags sind, ist nach zivilrechtlichen Kriterien zu beurteilen. Die Parteien eines Mietvertrags können bestimmen, dass ein wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks nicht Gegenstand des Mietvertrags sein soll. Dementsprechend müssen wesentliche Bestandteile des Grundstücks nicht zwingend und automatisch kürzungsschädlich mitvermietet werden (z.B. wenn sie durch den Pächter zuvor käuflich erworben wurden). Der BFH verwies den Rechtsstreit daher zurück und forderte das FG zu einer diesbezüglichen Auslegung des entscheidungserheblichen Vertragswerks und zur Feststellung der insoweit relevanten Tatsachen auf.
Der BFH stellte zudem klar, dass die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht generell deshalb zu versagen ist, weil Grundbesitz im Rahmen einer gewerblichen Betriebsverpachtung überlassen wird.
Fundstelle: BFH 19.12.2023 IV R 5/21
Autor: Alexander Kratzsch
Foto: Tierra Mallorca via Unsplash