Finanzielle Eingliederung bei Personengesellschaften
Der EuGH musste sich mit Urteil vom 15.04.2021, C-868/19, Rs. M-GmbH, abermals mit der Frage beschäftigen, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert ist, sodass eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt.
Im dem streitgegenständlichen Sachverhalt waren an einer GmbH & Co. KG mehrere Personen, darunter die M-GmbH, als Kommanditisten beteiligt. Die M-GmbH verfügte über die Mehrheit der Stimmrechte in der GmbH & Co. KG und konnte somit ihren Willen in der GmbH & Co. KG durchsetzen, da der Gesellschaftsvertrag eine Beschlussfassung durch einfache Mehrheit vorsah. Während die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung unstreitig vorlagen, war umstritten, ob auch die finanzielle Eingliederung gegeben ist.
Der EuGH entschied, dass im vorliegenden Fall die M-GmbH ihren Willen bei der GmbH & Co. KG durch mehrheitlich gefasste Beschlüsse durchsetzen kann, sodass das Bestehen enger Verbindungen durch finanzielle Beziehungen vermutet werden könne.
Damit widerspricht der EuGH der Ansicht des V. Senates des BFH sowie der Ansicht in der Finanzverwaltung in Abschnitt 2.8 Abs. 5a UStAE. Danach können Gesellschafter der betreffenden Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sein, die finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind.
Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie der BFH auf diese Entscheidung des EuGH reagiert. Jedenfalls steht fest, dass die Finanzverwaltung (derzeit) an ihren Umsatzsteueranwendungserlass gebunden ist, sodass die finanzielle Eingliederung bei Personengesellschaften mit mehreren Gesellschaftern grds. zu verneinen ist. Allerdings steht es dem Unternehmer auch frei, sich auf das EuGH Urteil zu berufen, um in den Genuss einer umsatzsteuerlichen Organschaft zu gelangen.
Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber endlich reagiert und die umsatzsteuerliche Organschaft reformiert. In seinem Eckpunktepapier vom 14.3.2019 schlug das BMF vor, eine Organschaft nur noch dann anzunehmen, wenn hierfür ein Antrag des Unternehmers gestellt wird. Ein solches Antragserfordernis wäre mit Sicherheit ein großer Schritt in die richtige Richtung, um die unzähligen Rechtsstreitigkeiten rund um die umsatzsteuerliche Organschaft erheblich einzudämmen.
Autor: Jan Reiter