Gewerbesteuerpflicht für Sondervergütungen

Auch bei nicht gewerbesteuerpflichtigem Gesellschafter

Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags

Bei gewerblich geprägten Personengesellschaften gibt es einige Besonderheiten bei der Gewerbesteuer zu beachten: Eine solche Gesellschaft unterliegt unabhängig von ihrer Tätigkeit allein aufgrund der Rechtsform der Gewerbesteuer. Allerdings unterliegen u. a. Erträge von Grundstücksunternehmen nicht der Gewerbesteuer, soweit sie aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes resultieren (erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). Ziel dieser Regelung ist die Gleichstellung von Unternehmen, die nur eine private Vermögensverwaltung betreiben, unabhängig von ihrer Rechtsform.

Rückausnahme

Die Kürzung gilt jedoch nicht für bestimmte Sondervergütungen, die die Gesellschaft an ihre Gesellschafter zahlt (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG). Diese Erträge werden auf Ebene der Gesellschaft mit Gewerbesteuer belastet. Mit dieser Rückausnahme wollte der Gesetzgeber verhindern, dass sich Vergütungsgläubiger zur Vermeidung der Gewerbesteuer auf die Vergütung an der Gesellschaft mitunternehmerisch beteiligen.

Ungeklärt war jedoch bisher, ob diese Rückausnahme auch dann anzuwenden ist, wenn der Empfänger der Sondervergütung (der Gesellschafter) nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Denn in diesem Fall führt die Rückausnahme zu einer Gewerbesteuerpflicht auf Ebene der Gesellschaft für einen Ertrag, der beim Gesellschafter nicht der Gewerbesteuer unterliegen würde. Die Frage wurde vom BFH im nachfolgenden Urteil beantwortet.

BFH-Urteil vom 09.03.2023 – IV R 25/20

Klägerin war eine grundstücksverwaltende GmbH & Co. KG. Die Gewinne wurden nicht an die Gesellschafter ausgezahlt. Sie verblieben im Unternehmen. Die so gewährten Gesellschafterdarlehen wurden von der Gesellschaft verzinst.

Die Klägerin erfasst u. a. Zinsen in Höhe von rund 66.000,00 EUR als Sonderbetriebseinnahme in der Sonderbilanz des Mehrheitsgesellschafters M. Dieser war nicht gewerbesteuerpflichtig.

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Das Finanzamt behandelte die von der Gesellschaft gezahlten Zinsen als Sondervergütung, nahm sie von der erweiterten Kürzung aus und unterwarf sie der Gewerbesteuer.

Die Klägerin vertrat hingegen die Ansicht, dass die Zinsen im Zusammenhang mit ihrer „Kerntätigkeit“, der Vermögensverwaltung, stünden. Damit sei der Gewerbeertrag auch um die Zinserträge zu kürzen und damit von der Gewerbesteuer freizustellen. Zudem sei § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht anzuwenden, soweit der Gesellschafter M selbst nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung.

Der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG setzt allein voraus, dass Sondervergütungen gezahlt werden, die der Gesellschafter u. a. für die Hingabe von Darlehen erhält und verlangt nicht, dass der Vergütungsempfänger der Gewerbesteuer unterliegt. Nach dem Sinn und Zweck der Norm wollte der Gesetzgeber mitunternehmerische Beteiligungen zur Vermeidung der Gewerbesteuer verhindern. Eine Einschränkung auf Vergütungsempfänger, die ihrerseits der Gewerbesteuer unterliegen, lässt sich der Norm nicht entnehmen. Damit scheidet eine einschränkende Auslegung aus. Eine Regelungslücke lässt sich der Norm auch nicht entnehmen. Damit kommt auch eine teleologische Reduktion nicht in Betracht.

Im Ergebnis wird sich diese Problematik nur durch eine Änderung der Regelung durch den Gesetzgeber beheben lassen – wenn dazu ein entsprechender Wille besteht.

Autor: Julia Pietrzik