Gewerbesteuerpflicht einer Immobilien-GmbH und Betriebsstätte bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft

Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG), d. h. soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Gemäß § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Eine Betriebsstätte i. S. von § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Dieser Ansatz entspricht der ständigen Rechtsprechung.

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i. S. des § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH, Urteil v. 23.02.2011 – I R 52/10; BFH, Urteil v. 24.08.2011 – I R 46/10). Der BFH entschied nunmehr darüber, ob dies nur gilt, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird steht.

Der BFH entschied, unter bestimmten Voraussetzungen könnten auch Räumlichkeiten einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft eigene Betriebsstätten i. S. des § 12 Satz 1 AO sein, obwohl kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht vereinbart wird. Dies gelte aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt.

Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche „Verwurzelung“ des Unternehmens vor Ort fehlt es an dem für eine Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i. S. des § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung von auch umfassenden Aufgaben ohne gleichzeitig eigene betriebliche Tätigkeiten vor Ort mache die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers.

Der BFH hob das Erstinstanzliche Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Im 2. Rechtsgang ist noch aufzuklären, ob die klagende GmbH in Deutschland eine Betriebsstätte unterhielt.

Die einschränkende Voraussetzung, dass die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt werden muss, ist beispielsweise erfüllt bei Identität der Leitungsorgane, fortlaufender nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers.

Fundstelle

BFH 23.03.2022 III R 35/20

Autor: Prof. Dr. Alexander Kratzsch