Wenn Freiberufler – also etwa Anwälte oder Steuerberater – in finanzielle Schwierigkeiten geraten, liegen die Gründe dafür meist nicht in ihrer beruflichen Tätigkeit, sondern in äußeren Umständen. Das kann eine Scheidung oder eine Krankheit sein, aber auch, wenn man sich mit dem Kollegen überwirft, mit dem man eine Kanzlei führt.
Dem Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts kommt im Insolvenzverfahren eines Freiberuflers wegen des Widerrufs der Zulassung die gleiche Tatbestandswirkung zu wie Schuldtiteln und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Es wird daher im Insolvenzverfahren nicht überprüft, ob der Widerruf rechtmäßig ist.
Aber: Widerruf der Zulassung? Das muss nicht sein!
Hier ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) von Bedeutung (vom 28.02.2022 AnwZ (Brfg) 28/20):
- Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage des Vermögensverfalls ist der Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens
- I. d. R. liegen zwischen Insolvenzeröffnung und Widerrufsverfahren 4-6 Monate
- In dieser Zeit kann der Rechtsanwalt / Steuerberater einen Insolvenzplan erstellen und seine Vermögensverhältnisse neu ordnen.
Ein schnell erstellter und vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan kann also den Widerruf der Zulassung trotz der Wirkung des Insolvenzverfahrens verhindern. Eine Schädigung der Reputation des Freiberuflers kann damit minimiert werden.
Autor: Gottfried Jestädt