Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Von einem endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist jedenfalls dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO angezeigt hat.
Sachverhalt
Gutfried Gutsmut (GG) gewährte einem Dritten mit Vertrag vom 11.08.2010 ab dem 12.08.2010 ein mit 5 % zu verzinsendes Darlehen in Höhe von insgesamt 25.000 €. Seit dem 01.08.2011 erfolgten die vereinbarten Rückzahlungen nicht mehr. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde am 01.04.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. GG meldete die noch offene Darlehensforderung in Höhe von 19.338,66 € zur Insolvenztabelle an. Noch in 2012 zeigte der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO an.
Mit der Einkommensteuererklärung für 2012 machte GG den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab. Zu Recht?
Entscheidung des BFH (Urteil vom 01. Juli 2021, VIII R 28/18)
Der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 EStG (vgl. u. a. auch BFH-Urteil vom 17.11.2020 – VIII R 20/18).
Zwar fehlt es bei einem Forderungsausfall an dem eine Veräußerung i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG kennzeichnenden Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust i.S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann. Wirtschaftlich betrachtet macht es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert, oder ob er sie – weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft – behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden muss.
Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt daher grundsätzlich erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Der Zeitpunkt, in dem der Insolvenzverwalter gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt hat, reichte dem BFH aber aus, weshalb der Verlust in 2012 anerkannt wurde.
Hinweis
Zu beachten ist, dass dies auch bei Verlusten von Gesellschafterdarlehen gilt (BFH-Urteil, 27.10.2020, IX R 5/20), wenn der Gesellschafter i. S. d. § 17 EStG beteiligt ist, jedoch für Veräußerungen i. S. d. § 17 EStG, die nach dem 31.07.2019 erfolgen, die Berücksichtigung des gesellschaftsrechtlich veranlassten Verlustes als Anschaffungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2a EStG infolge der Subsidiarität (§ 20 Abs. 8 EStG) Vorrang vor Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG haben (siehe u. a. Schlotter, in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, EStG § 20 Rdnr. 1570 ff.).
Autor: Tino Srebne