Keine erweiterte Kürzung bei erstmaliger Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums
Keine erweiterte Kürzung bei erstmaliger Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums
Befasst sich eine neu gegründete Kapitalgesellschaft erst Monate nach ihrer Eintragung in das HR mit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes, kann sie die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen, da sie in diesem Fall nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig ist.
Sachverhalt
Die Immo GmbH wurde am 10.02.2014 als Vorratsgesellschaft errichtet. Sie wurde – noch unter der Firma 21. Omikron GmbH – am 21.02.2014 in das HR eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb von Grundstücken sowie deren Verwaltung. Die Klägerin erwarb durch Vertrag vom 17.09.2014 mehrere Grundstücke. Übergang von Nutzen und Lasten war der 01.10.2014. Die Immo GmbH erklärte für das Streitjahr (2014) einen Gewinn aus der Vermietung der Grundstücke von 67.624,60 EUR. Sie beantragte in der GewSt-Erklärung die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des GewStG i. H. v. 82.308 EUR. Das FA berücksichtigte die Kürzung nicht, weil die Grundstücke zu Beginn des Erhebungszeitraums noch nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehört hätten. Zu Recht?
Ergebnis lt. BFH-Beschluss vom 27.10.2021, III R 7/19, DStR 2022, 91
Voraussetzung für die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist u. a., dass das Unternehmen „ausschließlich“ eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, abgesehen von den in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG zugelassenen Ausnahmen. Der Begriff der Ausschließlichkeit ist gleichermaßen qualitativ, quantitativ sowie zeitlich zu verstehen.
In zeitlicher Hinsicht hat dies zur Folge, dass der Unternehmer während des gesamten Erhebungszeitraums der gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigten Tätigkeit nachgehen muss. Dies folgt aus dem Wesen der GewSt als Jahressteuer. Die erweiterte Kürzung kann nicht zeitanteilig gewährt werden. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die GmbH die erweiterte Kürzung nicht beanspruchen kann, weil sie nicht während des gesamten Erhebungszeitraums i. S. v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tätig war. Die sachliche GewSt-Pflicht der GmbH und der (abgekürzte) Erhebungszeitraum (§ 14 Satz 3 GewStG) begannen am 21.02.2014, dem Tag der Eintragung in das HR. Danach galt die gesamte Tätigkeit der Klägerin als Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG).
In der Zeit bis zum 01.10.2014 befasste sich die Klägerin jedoch nach ihrem eigenen Vortrag nicht mit der Verwaltung oder Nutzung von Grundbesitz; Gegenteiliges ließ sich auch den Feststellungen des FG Berlin-Brandenburg nicht entnehmen. Damit scheidet eine erweiterte Kürzung aus. Denn ebenso wenig, wie das Erfordernis der Ausschließlichkeit gewahrt ist, wenn sich ein Unternehmen nach dem Verkauf des letzten oder einzigen Grundstücks bis zum Ende des Erhebungszeitraums nicht mehr mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes befasst, ist es erfüllt, wenn in dem Unternehmen im Laufe eines Erhebungszeitraums erstmals eine solche Tätigkeit ausgeübt wird.
Hinweis
Mit diesem Urteil dürfte die Verwendung von Vorratsgesellschaften für grundbesitzende KapG, die eine erweiterte Kürzung anstreben, ausscheiden. Aber auch bei Neugründungen ist Vorsicht geboten, wie die Entscheidung zeigt. Man sollte den Zeitpunkt der Gründung möglichst so planen, dass der Grundstückserwerb (Übergang von Nutzen und Lasten) noch vor der HR-Eintragung wirksam wird, zumindest wenn das Risiko der Handelndenhaftung des § 11 Abs. 2 GmbHG für überschaubar gehalten wird. Mindestens der Grundstücks-Kaufvertrag sollte dann vor der HR-Eintragung geschlossen werden. Ob das ausreicht, ist aber unklar.
Autor: Tino Srebne