Mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung mit nießbrauchsbelasteten GmbH-Anteilen
Der Nießbrauch an Unternehmen ist ein effektives Instrument in der Vermögensnachfolgeplanung. Bei der Gestaltungsplanung sollten neben den offensichtlichen erbschafts- und schenkungssteuerrechtlichen Themen nicht die ertragsteuerlichen Aspekte vernachlässigt werden.
In dem folgenden Urteilsfall (BFH-Urteil vom 14.02.2022 – VIII R 29/18) stellte sich die Frage, ob der Klägerin eine mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen ist. Die Klägerin hielt jeweils 50 % der Geschäftsanteile an der A-GmbH, der B-GmbH und der C-GmbH im Privatvermögen. Die übrigen Geschäftsanteile hielt X.
Mit notariellem Vertrag bestellte die Klägerin an ihren Geschäftsanteilen der C-GmbH einen Nießbrauch mit einer Quote von 80 % zugunsten der A-GmbH. Die Stimmrechte sollten bei der Klägerin verbleiben. Die Bestellung erfolgte unentgeltlich.
Ebenfalls mit notariellem Vertrag beschlossen die Gesellschafter der B-GmbH, die Klägerin und X, die Erhöhung des Stammkapitals. Die neue Stammeinlage auf das erhöhte Stammkapital sollte nicht in Geld geleistet werden. Die Einlage sollte vielmehr durch die Einbringung der nießbrauchsbelasteten Geschäftsanteile an der C-GmbH erbracht werden.
Im Anschluss daran beschloss die Gesellschafterversammlung der C-GmbH eine Gewinnausschüttung. Ein Teilbetrag wurde direkt an die A-GmbH ausgezahlt.
Die Klägerin und das Finanzamt streiten darüber, wie die Gewinnausschüttung steuerlich zu behandeln ist.
Die Klägerin hat die Ausschüttung bei der A-GmbH als versteckte Einlage behandelt und in das steuerliche Einlagenkonto i. S. d. § 27 KStG eingestellt.
Anm: Die Einlagenrückgewähr aus dem steuerlichen Einlagenkonto an die Gesellschafter ist steuerfrei.
Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass in Höhe der Zahlung aufgrund des Quotennießbrauchs an der A-GmbH der Klägerin eine verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen sei.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Die verdeckte Gewinnausschüttung kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden. In dem Fall muss der Vorteil dem Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis mittelbar zugewendet werden. Eine mittelbare Zuwendung liegt vor, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung nutzen zieht.
Ausschüttung ist dem Anteilseigner zuzurechnen
Die Ausschüttung der C-GmbH ist einkommensteuerrechtlich dem Anteilseigner, der B-GmbH, zuzurechnen.
Anm: Abweichend hiervon kann einem zivilrechtlich hiervon abweichenden Gläubiger der Ausschüttung (hier: Nießbrauchsberechtigter) diese nur dann zugerechnet werden, wenn ihm die Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle eingeräumt wurde. Erforderlich ist, dass der Nießbrauchberechtigte durch den Übergang von Stimmrechten – wie der Gesellschafter – entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann. Das war vorliegend nicht der Fall.
Direkte Zahlung der C-GmbH an die A-GmbH ist Vorteilszuwendung der B-GmbH an die A-GmbH
Auf Grund des Quotennießbrauchs zugunsten der A-GmbH an den Anteilen der C-GmbH wurde die Ausschüttung direkt an die A-GmbH ausgezahlt. Dies ist als Vorteilszuwendung der B-GmbH, der als Anteilseignerin grundsätzlich die Ausschüttung zusteht, an die A-GmbH zu werten.
Vorteilszuwendung der B-GmbH an die A-GmbH ist Klägerin zuzurechnen
Die Auszahlung ist der Klägerin auf Grund ihres Näheverhältnisses zu der A-GmbH auch zuzurechnen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden. Das ist dann der Fall, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung nutzen zieht. Die Klägerin ist Gesellschafterin der A-GmbH. Damit ist die A-GmbH eine der Klägerin nahestehende Person.
Vorteilszuwendung muss Anlass im Gesellschaftsverhältnis haben
Ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter ist die verdeckte Gewinnausschüttung nur dann verwirklicht, wenn die Vorteilszuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis der vorteilsgewährenden Gesellschaft, B-GmbH, zum Gesellschafter, Klägerin, hat.
Die Vorteilszuwendung hatte ihre Veranlassung vorliegend in der Einbringung der nießbrauchsbelasteten Geschäftsanteile der C-GmbH in die B-GmbH. Dies erfolgte aufgrund des Kapitalerhöhungsbeschlusses bei der B-GmbH und der vertraglichen Vereinbarungen. Ob die Einbringung nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen war oder ein ordentlicher gewissenhafter Gesellschafter der Klägerin diesen Vermögensvorteil nicht zugewandt hätte, hat das FG nicht festgestellt. Damit ist nicht eindeutig geklärt, ob die Veranlassung für die Vermögenszuwendung im Gesellschaftsverhältnis liegt.
Der BFH konnte damit eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht abschließend feststellen.
Fazit für die Praxis
Bei derartigen Gestaltungen ist aus steuerlicher Sicht ein Augenmerk darauf zu richten, ob bei der Einräumung des Nießbrauchs Stimmrechte übertragen werden. Ist dies nicht der Fall, dann erfolgt die steuerliche Zurechnung der Ausschüttungen zum Anteilseigner. In der vorstehend beschriebenen Gestaltung besteht dann die Gefahr, dass Ausschüttungen zu mittelbaren verdeckten Gewinnausschüttungen, wie hier bei der Klägerin, führen können.
Autor: Julia Pietrzik