MoPeG – Die Fortsetzung (Handlungsbedarf im Hinblick auf SchenkSt, GrESt?)
Wie schon im August-Newsletter geschrieben, treibt mich um, welche Auswirkungen die tiefgreifenden Änderungen durch das MoPeG im Recht der Personengesellschaften insbesondere in den Bereichen
- Erbschaft- und Schenkungsteuer
- Grunderwerbsteuer
- ertragsteuerliche Behandlung vermögensverwaltender Personengesellschaft
haben werden. Welche Reaktionen des Gesetzgebers sind aktuell geplant, wie steht es insbesondere um die Reform des GrEStG?
Ein Blick auf die Grundlage: Was ändert sich doch gleich im BGB? Vergleichen wir die Aussagen zum Gesellschaftsvermögen:
Alt: § 718 BGB (a. F.)
„(1) Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).“
Neu: § 713 BGB-Entwurf
„Die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten sind Vermögen der Gesellschaft.“
Die Personengesellschaften haben daher ab 2024 eigenes Vermögen. Das führt (u. a.) zu den folgenden Fragen:
- Ist eine Schenkung (freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) von einem Gesellschafter an eine Gesellschaft (GbR, OHG, KG, PartG) möglich?
- Können §§ 5, 6 GrEStG noch angewendet werden, soweit sie Bezug auf Gesamthandsvermögen nehmen?
- Können vermögensverwaltende Personengesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke weiterhin transparent betrachtet werden?
Diese Fragen hatte (neben weiteren) im Kern auch die Fraktion der CDU/CSU im Bundestag an die Regierung gestellt (BT-Drucksache 20/7012) und am 12.06.2023 eine Antwort bekommen (BT-Drucksache 20/7216). Diese lautete aber (abgekürzt) nur: „Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen“.
Im Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes (man könnte dies auch als WC-Gesetz abkürzen…), Stand 29.08.2023 wurden dann zwei der drei Punkte inhaltlich aufgegriffen.
Zum einen wird eine Änderung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO vorgeschlagen:
„Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden den Beteiligten oder Gesellschaftern anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“
Damit würden allgemein (Satz 1) den rechtsfähigen Personengesellschaften, also GbR, OHG, KG, PartG, zustehenden Wirtschaftsgütern den Gesellschafter steuerlich zugerechnet werden, soweit dies für die Besteuerung erforderlich ist. Damit wäre also eine Grundlage gegeben, die Änderungen im Zivilrecht steuerrechtlich einfach nicht zu übernehmen, sondern mit dem „alten“ Konzept des Gesamthandsvermögens weiter zu arbeiten. Die „Erforderlichkeit“ hierfür birgt aber die Gefahr, dass eine Auslegung erforderlich werden könnte, mit ungewissem Ausgang.
Dieser „Gefahr“ wird im Satz 2 für die Ertragssteuern (ESt, KSt, GewSt) durch eine ausdrückliche Regelung vorgebeugt! Hier existiert ab 2024 quasi „fiktives Gesamthandsvermögen“.
Der Satz 1 bliebe ein Rückzugsort für eine subsidiäre Anwendung, der Satz 2 „rettet“ die vermögensverwaltende Personengesellschaft, da hier das Gesamthandsvermögen in der steuerlichen Wirklichkeit weiter besteht! Der dritte Punkt wäre also gesetzlich entschärft.
Zum anderen soll die Erbschaft- und Schenkungsteuer durch § 2a ErbStG-Entwurf „abgesichert“ werden:
„§ 2a ErbStG-Entwurf (Rechtsfähige Personengesellschaft)
Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung) gelten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen. Bei einem Erwerb nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Erwerber. Bei einer Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Zuwendende.“
Mit einer identischen Formulierung wie im § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 AO-Entwurf soll es auch insoweit mit dem Konzept des Gesamthandsvermögens weitergehen, Änderungen in der steuerlichen Beurteilung wären damit ausgeschlossen.
Damit wären zwei der drei aufgeworfenen Fragen durch das WC-Gesetz geklärt.
Wie aber steht es um die Änderung des GrEStG?
Hier wurde vom BMF ein „Diskussionsentwurf“ für eine Novellierung des Gesetzes insbesondere an die Interessenverbände herausgegeben, um frühzeitige Stellungnahmen und Einbringungen vor dem Start eines formellen Gesetzgebungsverfahrens zu ermöglichen.
Die Eckpunkt sehen offenbar vor,
- die bestehenden Ergänzungstatbestände (insbesondere § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG) und
- die Befreiungstatbestände §§ 5 bis 6a GrEStG
zusammenzufassen und dabei neu zu regeln.
Vereinfacht soll die Beteiligungsgrenze von 90 % auf 100 % geändert werden, dafür aber die Möglichkeit geschaffen werden, mehrere Beteiligte bei der Prüfung zusammenzufassen. Die Befreiungstatbestände würden einheitlich und rechtsformunabhängig ausgestaltet werden.
Diese Änderungen würden tief in das aktuelle System eingreifen und neben Auslegungsfragen in Bezug auf Neufälle auch massive Probleme bei Anwendungsfragen in Bezug auf Altfälle hervorrufen. Da aktuell (Stand: 25.09.2023) noch kein Referenten- oder Regierungsentwurf vorliegt, stellt sich die Frage, ob ein solch umfassendes und politisch heikles Gesetzgebungsverfahren bis zum 31.12.2023 überhaupt noch realisierbar wäre.
Dazu kommt, dass wir aus „Insiderkreisen“ gehört haben, dass es geben eine Reform des GrEStG Vorbehalte aufseiten der Länder gibt und diese eher zu einer „minimal invasiven Lösung“ tendieren.
Die Bundesländer werden daher voraussichtlich beantragen, die Neuregelungen zu § 39 AO und § 2a ErbStG aus dem WC-Gesetz herauszunehmen und in das „Mindestbesteuerungs-Richtlinien-Umsetzungsgesetz“ zu verlagern und die GrESt mit einer ähnlichen Regelung zu bedenken wie die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Ertragsteuern.
In die Glaskugel geschaut wäre daher folgende Aussage zu erwarten:
„Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung) gelten für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen“.
Auch wenn diese Lösung bisher nicht offiziell ist, spricht vieles für diesen Weg:
In Bezug auf die hier thematisierten drei Fragestellungen würde alles weitergehen wie bisher und ab 2024 keine Änderung der steuerlichen Rechtslage eintreten. Zudem wäre kein politisches Tauziehen um eine GrESt-Reform erforderlich, das zwingend in 2023 abgeschlossen werden müsste. Sollte eine Reform tatsächlich gewollt sein, könnte diese in 2024 in der gebotenen Ruhe geplant und durchgeführt werden.
Dass im laufenden Gesetzgebungsverfahren ausreichend Zeit für die einzelnen Schritte (verschiedene Lesungen im Bundestag und Bundesrat) gelassen werden muss, hat das Bundesverfassungsgericht bei Heizungsgesetz nachdrücklich aufgezeigt.
Fazit
Nach der aktuell zu vermutenden Wetterlage scheinen sich die MoPeG-Wolken rechtzeitig zum 01.01.2024 komplett zu verziehen und die Abkehr vom Modell des Gesamthandsvermögens der Personengesellschaft wird steuerlich grundlegend ignoriert. Es bleibt für uns bei einem klaren steuerlichen „weiter so!“.
Damit wären auch keine „Anpassungsreaktionen“ in 2023 erforderlich, um sich bestimmte Vorteile des aktuellen Systems noch auf den letzten Drücker zu sichern. Hoffen wir, dass der Gesetzgeber die entsprechenden (minimal-invasiven) Änderungen rechtzeitig umsetzt und damit unsere Ruhe nicht gefährdet.
Autor: Thore Guse