Nachweis der Unternehmereigenschaft bei Steuerschuldumkehr § 13b UstG
Eine Steuerschuldumkehr nach § 13b UStG ist grundsätzlich nur möglich, wenn der Leistungsempfänger Unternehmer oder eine (nichtunternehmerische) juristische Person ist. Da im Fall von § 13b Abs. 5 UStG der Leistende eine Rechnung ohne gesonderten Steuerausweis erteilt (§ 14a Abs. 5 UStG) und folglich nur einen Nettobetrag vereinnahmt, verlangt das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung eventuell einen Nachweis der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers. Stellt der Nachweis das Finanzamt nicht zufrieden, wendet dieses § 13b UStG nicht an und verlangt die USt vom Leistenden.
Da dieser von einer „Netto-Abrechnung“ ausgegangen ist, schmeckt ihm das nicht, weil es seine Marge mindert oder sogar ein Minusgeschäft erzeugt.
Wie kann die Unternehmereigenschaft nachgewiesen werden und was hat das Finanzgericht im Klageverfahren selbst zu ermitteln?
Dazu äußerte sich der BFH mit Urteil vom 31.01.2024 und nimmt dabei im Ergebnis das Finanzgericht in die Pflicht, den Sachverhalt aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) selbst zu ermitteln.
Im Streitfall ging es um eine Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts (Klägerin), die unstreitig (über einen Online-Marktplatz) auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen im Inland ausführte. Bei Leistungen an Nichtunternehmer wurde die USt von der Klägerin als Leistendem geschuldet, bei Leistungen an Unternehmer lag eine Steuerschuldumkehr vor.
Soweit die Leistungsempfänger sich als Unternehmer ausgewiesen, aber keine (gültige) USt-IdNr. gegenüber der Klägerin verwendet hatten, wurde von dieser insbesondere anhand der Aktivitäten der Leistungsempfänger auf dem Marktplatz plausibilisiert, ob es sich um Unternehmer handelte oder nicht. Das Finanzamt ging insoweit aber von einem fehlenden Nachweis der Unternehmereigenschaft aus und nahm Leistungen an Nichtunternehmer und damit eine Steuerschuldnerschaft der Klägerin an. Das FG entschied im Klageverfahren, dass ein Nachweis der Unternehmereigenschaft von der Klägerin zu erbringen sei und mangels eines solchen aufgrund der Regelungen zur Feststellungslast die Unternehmereigenschaft nicht anzunehmen sei. Das FG gab daher dem Finanzamt im Kern Recht.
Anders der BFH: Nach dessen Auffassung durfte das FG nicht aufgrund der Regelungen zur Feststellungslast entscheiden, sondern hätte den Sachverhalt (also die Frage, ob der Empfänger Unternehmer ist oder nicht) selbst ermitteln müssen – mindestens stichprobenartig. Angaben zu Namen/Firmennamen und Adressen der Leistungsempfänger waren vorhanden, die weitere Überprüfung daher möglich. Da keine „Unaufklärbarkeit des Sachverhalts“ vorgelegen hatte, durfte das FG nicht allein aufgrund der Feststellungslast entscheiden.
Fazit:
Das FG wollte vermutlich den Fall ohne große eigene Sachverhaltsaufklärung schnell entscheiden und den „schwarzen Peter“ dem Unternehmer zuschieben (und sich die Arbeit sparen…). Diese Praxis hat der BFH unterbunden. Die Karte der Feststellungslast kann das FG also nur spielen, wenn eine Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist. Der bloße Umfang der erforderlichen (und möglichen) Ermittlungen ändert daran nichts – ggf. muss (zunächst) eine stichprobenartige Überprüfung erfolgen. Denn die Unternehmereigenschaft kann (selbstverständlich) auch auf anderem Wege als über eine gültige USt-IdNr. geprüft und nachgewiesen werden.
Fundstelle: BFH-Urteil vom 31.01.2024, V R 20/21
Autor: Thore Guse