Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes nach § 198 BewG
In seinem Urteil vom 17. November 2021, II R 26/20 musste sich der BFH mit der Frage befassen, wie der Steuerpflichtige einen etwaigen niedrigeren gemeinen Wert gemäß § 198 BewG nachweisen kann.
In dem Urteilsfall wurde die Bewertung eines schenkweise übertragenen Grundstücks nach dem Sachwertverfahren nach Maßgabe von § 190 BewG auf Grundlage der Angaben des Steuerpflichtigen vorgenommen. Der Steuerpflichtige legte Einspruch gegen die Wertfestsetzung mit dem Argument ein, dass aufgrund des ruinösen Bauzustandes ein Wertabschlag vorzunehmen sei. Einen gesonderten Nachweis hierüber – etwa in Form eines Gutachtens – erbrachte der Steuerpflichtige allerdings nicht.
Im anschließenden Klageverfahren trug der Steuerpflichtige vor, dass er aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Kosten eines Gutachtens aufzubringen. Zum Beweis des niedrigeren Werts des Gebäudes beantragte er daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens, was das Finanzgericht allerdings ablehnte.
Der BFH entschied, dass das Finanzgericht zu Recht entschieden hat, dass der Wert im Sachwertverfahren ermittelt wurde. Insbesondere war das FG nicht verpflichtet, ein Wertgutachten einzuholen. Dem Steuerpflichtigen selbst obliegt die Möglichkeit, den Nachweis zu erbringen, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert. Das Finanzgericht ist nicht verpflichtet, von Amts wegen Beweis über einen etwaigen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG zu erheben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müsse der Steuerpflichtige den Nachweis selbst erbringen, etwa durch Vorlage eines geeigneten Gutachtens. Der Nachweis könne insbesondere nicht dadurch geführt werden, dass der Steuerpflichtige lediglich beantragt, das Gericht möge ein Sachverständigengutachten einholen. Die Verpflichtung der Finanzgerichte zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen gelte mithin im Rahmen von § 198 BewG aufgrund der Nachweispflicht des Steuerpflichtigen nur eingeschränkt.
Autor: Jan Reiter