Der „neue“ Erlass zu § 6a GrEStG

Der BFH erweiterte in insgesamt sechs Entscheidungen (wir haben hier darüber berichtet) den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG deutlich zu Gunsten des Steuerpflichtigen und wies die Finanzverwaltung in ihre Schranken. Die Urteile des BFH wurden von der Finanzverwaltung (Gleichlautende Erlasse der oberen Finanzbehörden der Länder vom 22.09.2020) überwiegend übernommen.

Zwischenzeitlich (mit Wirkung zum 01.07.2021) hat das GrEStG eine wesentliche Änderung erfahren: § 1 Abs. 2b GrEStG hat Eingang in das Gesetz gefunden. Nicht zuletzt wegen der Änderung des GrEStG hat nun die Finanzverwaltung einen aktualisierten Erlass zu § 6a GrEStG mit Datum vom 25.05.2023 veröffentlicht.

So wundert es nicht, dass der neue Erlass nunmehr auch § 1 Abs. 2b GrEStG zum Gegenstand hat, allerdings ohne wesentliche Neuigkeiten zu enthalten. Mit Spannung erwartet wurde die Haltung der Finanzverwaltung zu der Frage, inwieweit § 6a GrEStG bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH anwendbar sein kann. Während die erstinstanzliche finanzgerichtliche Rechtsprechung unisono davon ausgeht, dass auch die Ausgliederung eines Einzelunternehmens in eine neu gegründete GmbH dem Anwendungsbereich des § 6a GrEStG unterfällt, ist und bleibt die Finanzverwaltung bei ihrer (nicht nachvollziehbaren) Ansicht, dass der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nicht erfüllt ist.

Es gibt allerdings auch erfreuliches zu berichten: Während die Finanzverwaltung im Erlass vom 22.09.2020 noch die Meinung vertreten hat, dass Vorratsgesellschaften und reine Holdinggesellschaften per se kein herrschendes Unternehmen sein können, hat sie diese Ansicht nun offenbar aufgegeben. In dem neuen Erlass vom 25.05.2023 wird es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH als ausreichend erachtet, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt tätig ist, was auch für nicht selbstständig wirtschaftlich tätige Gesellschaften (wie Vorratsgesellschaften und reine Holdinggesellschaften) gelte.

Nach wie vor gibt es im Anwendungsbereich des § 6a GrEStG einige Unklarheiten. Klarheit kann und wird hier nur der BFH schaffen können. Bleibt dieser seiner bisherigen Linie treu, so werden noch einige Anpassungen des Erlasses (zu Gunsten der Steuerpflichtigen) folgen.

Fundstelle: Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder, Anwendung des § 6a GrEStG vom 25.05.2023

Autor: Jan Reiter