Neues zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Der BFH musste sich gleich in zwei Fällen mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auseinandersetzen.

Der Beschluss vom 04.05.2021 (VIII B 121/20) betraf einen Sachverhalt, in welchem der bevollmächtigte Steuerberater ein Einspruchsschreiben selbst in den Briefkasten des Finanzamtes einwarf, dort allerdings niemals ankam. Der Steuerpflichtige beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) und legte für die Begründung des Antrages auf Wiedereinsetzung eine eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters dar, in welchem dieser erklärte, dass er das fristwahrende Schriftstück selbst eingeworfen habe. Der BFH legte allerdings dar, dass alleine eine eidesstattliche Versicherung des Bevollmächtigten nicht ausreicht. Vielmehr kann es erforderlich sein, dass zu der Erklärung objektive Beweismittel – vor allem die Eintragung der Frist im Fristenkontrollbuch und deren Löschung aufgrund der Eintragung im Postausgangsbuch – hinzutreten müssen.

Der Beschluss des BFH vom 04.05.2021 zeigt deutlich, dass ein erfolgreicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelmäßig mit der (ordnungsgemäßen) Führung eines Fristenkontroll- und Postausgangsbuch steht und fällt.

In seinem Beschluss vom 21.07.2021 (X B 126/20) befasste sich der BFH mit der Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen eine aufgrund von Erkrankung versäumte Frist eine Wiedereinsetzung begründet. In dem Streitfall versäumte ein Rechtsanwalt aufgrund einer Notoperation die Beschwerdebegründung fristgerecht einzureichen. Der Rechtsanwalt delegierte die Beschwerdebegründung nicht an einen anderen Berufskollegen. Der BFH stellte fest, dass der Eintritt einer Erkrankung als Entschuldigungsgrund anzuerkennen sein kann. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Krankheit plötzlich aufgetreten ist, mit ihr nicht gerechnet werden musste und sie so schwerwiegend war, dass weder die Wahrung der laufenden Fristen noch die Bestellung eines Dritten, der sich um die Fristwahrung kümmern konnte, möglich war. Überdies, so der BFH, müssen Vorkehrungen getroffen werden, dass auch bei einer nicht vorhergesehenen Erkrankung Fristen gewahrt werden.

Aus dem Beschluss des BFH folgt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht kommt, wenn der Rechtsanwalt (Steuerberater) die ihm zumutbaren Möglichkeiten ausschöpft, die fristgebundene Tätigkeit an einen Vertreter zu delegieren.

Die beiden Verfahren vor dem BFH zeigen deutlich, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an sehr enge Voraussetzungen gebunden ist, die (leider) nur in den seltensten Fällen vorliegen dürften.

Autor: Jan Reiter