Alarm: Risiko für Wegfall von §§ 5, 6 GrEStG ab 2024 bei mind. 50%!
Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt (sogenannte einfache Kürzung). Anstelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sogenannte erweiterte Kürzung).
Streitig war in der Entscheidung des BFH vom 25.05.2023, ob die erweiterte Kürzung an die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung der durch die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anknüpft. Konkret ging es im Streitfall darum, ob die Geltendmachung möglicher Schadensersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter der erweiterten Gewerbesteuerkürzung entgegensteht.
Der BFH entschied, es könne für die Anwendung der erweiterten Kürzung keinen Unterschied machen, ob ein Grundstücksunternehmen in seiner Substanz unbeschädigt geblieben sei oder ob es sich nach Eintritt eines Substanzschadens beim Mieter schadlos halte. Vor diesem Hintergrund sei ein Schadensersatzanspruch in die erweiterte Gewerbesteuerkürzung einzubeziehen, wenn er aus einem Streit im Zusammenhang mit dem Mietvertrag entstehe. Unerheblich sei, dass das Mietobjekt im Streitfall noch nicht zur Nutzung überlassen worden sei und die Mietvertragsparteien die Zahlung umsatzsteuerrechtlich als Schadensersatz behandelt wissen wollten.
Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung setzt gerade nicht die einkommensteuerliche Qualifizierung der durch die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung voraus.
Erträge aus der gelegentlichen Veräußerung von Grundbesitz (§ 23 EStG) oder aus der Übernahme der dinglichen Haftung durch Belastung des eigenen Grundbesitzes (§ 22 Nr. 3 EStG) sind daher auch in die erweiterte Kürzung einzubeziehen. Nach dem mit der erweiterten Gewerbesteuerkürzung verfolgten Zweck ist die erweiterte Kürzung erst dann ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet. Maßgeblich für die Gewährung der erweiterten Kürzung ist mithin letztlich allein, dass die Einnahmen aus einer Tätigkeit stammen, welche der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes zuzuordnen ist.
BFH 25.05.2023 IV R 33/19
Ab 2024 greifen die MoPeG-Änderungen: Das Gesamthandsvermögen bei Personengesellschaften entfällt!
Bittere Folge im GrEStG: Die Begünstigungen bei Übertragung von Grundbesitz auf eine Gesamthand oder von einer Gesamthand (§§ 5, 6 GrEStG) wären nicht mehr anzuwenden!
Retten kann die Begünstigungen nur der Gesetzgeber – durch eine Regelung, dass das „Gesamthandskonzept“ auch im Bereich des GrEStG weitergilt. Vgl. zum bisherigen Stand unseren Beitrag zum Thema MoPeG – Die Fortsetzung.
Der Bundesrat hatte dies am 29.09.2023 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht (Vorschlag einer Änderung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO), um sicherzustellen, dass es ab dem 01.01.2024 keine Änderung des GrESt-Rechts gibt. Dies hat die Bundesregierung am 06.10.2023 jedoch abgelehnt und sich für eine Gleichbehandlung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften ausgesprochen – um eine aus ihrer Sicht möglicherweise verfassungswidrige Bevorzugung der Personengesellschaften zu beenden!
Das würde allerdings eine deutliche Verschlechterung bedeuten:
Beispiel: Natürliche Person A ist zu 80 % vermögensmäßig an einer GmbH & Co. KG beteiligt. A überträgt ein Grundstück (Grundbesitzwert 1 Mio. EUR) aus seinem Alleineigentum auf die KG (Eigentümerwechsel). Der Steuersatz beträgt 5 %.
Lösung, wenn Vorgang in 2023 erfolgt: Gem. § 5 Abs. 2 GrEStG wird die Steuer zu 80 % nicht erhoben. Die zu erhebende Steuer beträgt 10.000 EUR.
Lösung, wenn der Vorgang in 2024 erfolgt (und keine Gesetzesänderung mehr erfolgt):
§ 5 Abs. 2 GrEStG ist nicht anzuwenden, da das Eigentum der KG kein Gesamthandsvermögen darstellt. Die Steuer ist in voller Höhe von 50.000 EUR zu erheben.
Wie geht es im Gesetzgebungsverfahren (möglicherweise) weiter?
Die Bundesregierung hat die effektive Fortführung der bisherigen Rechtslage zwar dem Grunde nach abgelehnt, aber eine befristete Regelung in den Raum gestellt. Dazu existiert innerhalb des Gesetzgebungsapparats mittlerweile ein Formulierungsvorschlag, der die Annahme von Gesamthandsvermögen bei Personengesellschaften auch für Zwecke der GrESt zumindest in 2024 vorsieht. Eine offizielle Drucksache liegt aber nicht vor.
Ob die Fortgeltung von §§ 5, 6 GrEStG in 2024 vom Gesetzgeber noch erfolgreich beschlossen steht, ist daher aktuell ungewiss.
Wer eine entsprechende Übertragung plant, die in 2023 noch unter die Begünstigungen der §§ 5, 6 GrEStG fallen würde, sollte diese noch in 2023 durchführen. Das Risiko, dass die Begünstigungen in 2024 nicht mehr bestehen, liegt bei mindestens 50 %! Es wäre also nach aktuellem Stand ein Glücksspiel, sich auf die „RETTung“ durch den Gesetzgeber zu verlassen.
Das aktuelle Gesetzgebungsverfahren (Wachstumschancengesetz und Mindestbesteuerungsrichtlinienumsetzungsgesetz) ist in den nächsten Wochen genau zu verfolgen!
Fundstelle: BT-Drucksache 20/8668 vom 06.10.2023
Autor: Thore Guse