Ist § 16 GrEStG bei einem Rückerwerb anwendbar, wenn der vorausgegangene Erwerb nicht steuerbar war?
Ist § 16 GrEStG bei einem Rückerwerb anwendbar, wenn der vorausgegangene Erwerb nicht steuerbar war?
Das FG Münster musste sich in seinem Urteil vom 11.05.2023 (8 K 998/21) mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Rückerwerb gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit ist, wenn der vorausgegangene Erwerb nicht steuerbar war.
In dem Streitfall übertrug der Kläger als Alleingesellschafter einer grundbesitzenden GmbH 49 % seiner Anteile unentgeltlich auf seinen Sohn. Er behielt sich für bestimmte Fälle (u. a. das Versterben des Sohnes ohne leibliche Abkömmlinge) den Widerruf der Schenkung vor. Der Notar zeigte den Vorgang ordnungsgemäß an. Der Sohn des Klägers verstarb ca. zwei Jahre später, woraufhin der Kläger die Schenkung der GmbH-Anteile widerrief. Das beklagte Finanzamt setzte für den Rückerwerb Grunderwerbsteuer fest.
Das Problem des Falles steckt in folgender Überlegung: Der Wortlaut des § 16 Abs. 2 GrEStG, der den Rückerwerb eines Grundstücks (bzw. eines GmbH-Anteils regelt, vgl. § 16 Abs. 5 GrEStG) regelt, besagt, dass sowohl der Rückerwerb als auch der vorausgegangene Erwerbsvorgang ohne Grunderwerbsteuerfestsetzung erfolgen. Dies natürlich nur dann, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 GrEStG erfüllt sind. Im vorliegenden Fall bestand allerdings die Besonderheit, dass der Ersterwerb der GmbH-Anteile durch den Sohn nicht grunderwerbsteuerbar war, der Rückerwerb (aufgrund des Widerrufs der Schenkung) allerdings eine Anteilsvereinigung in der Hand des Vaters bedeutete, bei der dem Grunde nach Grunderwerbsteuer festzusetzen ist.
Das FG Münster entschied, dass es nicht darauf ankomme, dass der vorausgegangene Erwerb nicht grunderwerbsteuerbar ist. Dies ergibt sich – so das FG Münster – aus einem Erst-Recht-Schluss: Wenn der Kläger (statt 49 %) mindestens 95 % (bzw. nach neuem Recht 90 %) der Anteile auf seinen Sohn übertragen und nach Ausübung des Widerrufs zurückerworben hätte, wären Schenkung und Rückerwerb steuerfrei. Es ist nicht ersichtlich, warum die Konstellation des Sachverhaltes im Vergleich dazu besteuerungswürdig sein sollte.
Fundstelle: FG Münster, Urteil vom 11.05.2023, 8 K 998/21 (Revision beim BFH unter Az. II R 16/23 anhängig)
Autor: Jan Reiter