Keine rückwirkende Verschmelzung „ererbter“ GmbH-Anteile
Das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin sind so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtages der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), ganz oder teilweise auf die Übernehmerin übergegangen wäre (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002). Dieser Bilanzstichtag darf – außerhalb der Covid-19-Pandemie (dort 12 Monate) – höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers liegen (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG).
Der BFH entschied, dass das FG § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG zutreffend ausgelegt habe. Die Norm begründe nicht rückwirkend zum Entstehen eines Übernahmegewinns bei einem bereits verstorbenen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft nach dem Todestag auf ihren neuen Alleingesellschafter verschmolzen werde. Das Vermögen der GmbH gehe zivilrechtlich erst mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister auf den Kläger über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Ertragsteuerrechtlich eröffne § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 (i. V. mit § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG) aber die Möglichkeit einer begrenzten Rückwirkung. Nach seinem Wortlaut betrifft § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 allein die Einkommensermittlung „der übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin“. Im vorliegenden Fall werde die Rückwirkung also ausschließlich in Bezug auf die GmbH und den Kläger – als Übernehmer – angeordnet. Frühere Gesellschafter der übertragenden Körperschaft seien hingegen von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 nicht umfasst. Auch § 4 UmwStG 2002 regele kraft seiner amtlichen Überschrift und seines Norminhalts ausschließlich die „Auswirkungen auf den Gewinn der übernehmenden Personengesellschaft“ bzw. im Fall des § 9 UmwStG 2002 die Auswirkungen auf den Gewinn der übernehmenden natürlichen Person. § 9 UmwStG sei im Besprechungsfall erfüllt. Die Gewinnermittlung bei früheren – auch bei während des Rückwirkungszeitraums verstorbenen – Gesellschaftern sei nicht Regelungsgegenstand dieser Norm.
Auf dieser Grundlage sei auch der Entscheidung des FG zu folgen, den Übernahmegewinn in Anwendung des § 4 Abs. 4 i. V. mit § 5 Abs. 2 UmwStG allein dem Kläger zuzurechnen.
Die Einlagefiktion des § 5 Abs. 2 UmwStG sei auch dann anzuwenden, wenn Anteile an der übertragenden Körperschaft, die unter § 17 EStG fallen, zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und dem zivilrechtlichen Wirksamwerden der Verschmelzung unentgeltlich übertragen werden.
Fazit: Die Verschmelzung „ererbter“ GmbH-Anteile kann nicht mit ertragsteuerlicher Wirkung auf die Zeit vor den Tod des Erblassers fingiert werden, auch wenn dies beabsichtigt ist.
Autor:
Alex Kratzsch