Liegt bei unentgeltlicher Überlassung an (unterhaltsberechtigte) Angehörige eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vor?
Liegt bei unentgeltlicher Überlassung an (unterhaltsberechtigte) Angehörige eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vor?
Das FG Düsseldorf musste sich in seinem Urteil vom 02.03.2023 (14 K 1525/19) mit der Frage auseinandersetzen, ob die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung an Angehörige eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darstellt.
In dem Streitfall überließen die Kläger (Ehegatten) eine ihnen gehörende Eigentumswohnung unentgeltlich an die Mutter der Klägerin. Nach dem Tode der Mutter veräußerten die Kläger die Eigentumswohnung. Da die zehnjährige Behaltensfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung der Eigentumswohnung noch nicht abgelaufen war, beriefen sich die Kläger auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG und argumentierten, dass die unentgeltliche Überlassung der Eigentumswohnung an die Mutter der Klägerin eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darstelle.
Das FG Düsseldorf wies die Klage ab. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH führt das FG Düsseldorf zunächst aus, dass das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ voraussetzt, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen (zumindest) auch bewohnt wird. Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BFH nur, wenn eine Wohnung an ein nach § 32 EStG zu berücksichtigendes Kind unentgeltlich überlassen wird. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen.
Der vorliegende Fall, so das FG Düsseldorf, gestatte eine solche weite Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG allerdings nicht. Während bei Kindern typisierend eine Unterhaltpflicht und das Entstehen von Aufwendungen angenommen wird (vgl. § 32 EStG), ist dies bei den eigenen Eltern gerade nicht der Fall; hier wäre gerade eine Einzelfallprüfung erforderlich, ob eine Unterhaltspflicht o. ä. besteht. Eine Zurechnung der Nutzung durch andere, ggf. unterhaltsberechtigte Angehörige sei darüber hinaus weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vereinbar.
Fundstelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2023, 14 K 1525/19 (Revision beim BFH unter Az. IX R 13/23 anhängig)
Autor: Jan Reiter