Unwirksame Haftungsbegrenzung auf 1 Mio. EUR bei Berufsausübungsgesellschaften ohne Vollhafter
Viele Berufsausübungsgesellschaften haben keine wirksame Haftungsbegrenzung mehr, wenn die Haftung auf 1 Mio. EUR begrenzt wird.
Zu unterscheiden sind die Mindestversicherungssummen und die Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung:
1. Mindestversicherungssummen
Die jeweilige Höhe der Mindestversicherungssumme der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung hängt von den rechtsformbedingten und persönlichen Haftungsverhältnissen der Berufsausübungsgesellschaft ab.
- Bei Berufsausübungsgesellschaften, in denen für Verbindlichkeiten der Berufsausübungsgesellschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung rechtsformbedingt keine natürliche Person haftet oder in denen die Haftung der natürlichen Person beschränkt ist (dies gilt bspw. für eine als Steuerberatungsgesellschaft anerkannte GmbH, AG oder GmbH & Co. KG), beträgt die Mindestversicherungssumme 1 Mio. EUR für jeden Versicherungsfall (§ 55f Abs. 3 StBerG n.F.).
- Nur für Berufsausübungsgesellschaften, die keinen rechtsformbedingten Ausschluss der Haftung und keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Person vorsehen (wie bspw. die Partnerschaftsgesellschaften ohne eine Beschränkung der Berufshaftung oder die GbR), beträgt die Mindestversicherungssumme 500.000 EUR für jeden Versicherungsfall (§ 55f Abs. 4 StBerG).
Die Leistungen des Versicherers können dabei für alle innerhalb eines Versicherungsjahrs verursachten Schäden auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme, vervielfacht mit der Zahl der Gesellschafter und mit der Zahl der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, begrenzt werden (§ 55f Abs. 5 StBerG). Die Jahreshöchstleistung muss sich jedoch in jedem Fall mindestens auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen.
2. Haftungsbegrenzung
Aufgrund der Erhöhung der Mindestversicherungssummen muss ein Mandatsvertrag, der entsprechende Haftungsbeschränkungen enthält, angepasst werden. Die Haftung für fahrlässig verursachte Schäden kann in Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) (also AGB) nur dann wirksam begrenzt werden, wenn Versicherungsschutz für den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme besteht (§ 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StBerG).
Da sich für die GmbH als Berufsausübungsgesellschaft die Mindestversicherungssummen ab dem 01.08.2022 auf 1 Mio. EUR erhöht hat, besteht deshalb Handlungsbedarf, wenn die Haftung in AAB auch ab dem 01.08.2022 wirksam begrenzt werden soll.
Beispiel
Für die ABC-Steuerberatungs-GmbH, für die nach Recht bis 01.08.2022 eine Mindestversicherungssumme von 250.000 EUR vorgesehen war, konnte die Haftung in ihren Allgemeinen Auftragsbedingungen aktuell noch wirksam begrenzen, wenn sie eine Deckungssumme von 4 x 250.000 EUR (= 1 Mio. EUR) abgeschlossen hat.
Seit dem 01.08.2022 ist für die ABC GmbH eine Mindestversicherungssumme von 1 Mio. EUR vorgesehen. Eine wirksame Haftungsbegrenzung ist dann durch AGB nur noch möglich, wenn vertraglich eine Deckungssumme von 4 x 1 Mio. EUR (= 4 Mio. EUR) vereinbart ist.
Daher sollten die AGB angepasst werden (4 Mio. EUR). Nur dann, wenn sie jeweils individualvertraglich eine Haftungsbegrenzung vereinbaren (dafür müsste die Klausel aber „ernsthaft zur Disposition stehen“, also verhandelbar sein – das ist sie wohl i. d. R. nicht), wäre nach wie vor 1 Mio. EUR möglich.
Fazit: Somit wäre eine formularmäßige Haftungsbeschränkung auf 1 Mio. EUR unwirksam und es bestünde die Gefahr einer der Höhe nach unbegrenzten Haftung.
Autor: Prof. Dr. Alexander Kratzsch