USt-Organschaft – Wer nicht fragt bleibt dumm?!
Mit Beschluss vom 26.01.2023 (V R 20/22) hat der BFH dem EuGH eine Kernfrage zur umsatzsteuerlichen Organschaft vorgelegt:
Können Innenleistungen im Organkreis unter bestimmten Voraussetzungen doch zu steuerbaren Umsätzen führen?
Dies sieht der BFH nicht als durch den EuGH geklärt an, zumindest wenn die Leistung an einen Rechtsträger erbracht wird, der aus einem entsprechenden steuerbaren Leistungsbezug nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.
Der Streitfall betrifft eine Stiftung, die in 2005 für ihren nicht-unternehmerischen (hoheitlichen) Bereich eine Reinigungsleistung einer Tochtergesellschaft bezogen und dafür eine Vergütung von 5.782,49 EUR gezahlt hatte. Das FA hatte darin einen unentgeltliche Wertabgabe gesehen, das Niedersächsische FG jedoch einen nicht steuerbarer Vorgang. Im Revisionsverfahren hatte der BFH bereits zuvor ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, dass zu dessen Entscheidung C-269/20 vom 01.12.2022 geführt hatte. Die dort getroffenen Aussagen, die grundsätzlich nicht für eine Besteuerung sprachen, haben dem BFH offenbar nicht ausgereicht. Er schließt nicht aus, dass ein durch die Behandlung der Innenleistung als „nicht steuerbar“ eintretender „Steuerverlust“ (Vorteil des Organkreises gegenüber einer Belastung — mangels Vorsteuerabzug — ohne Annahme einer Organschaft) gegen die Anwendung der Organschaftsregelung auf diese Leistung spricht.
Sollten die Bedenken des BFH vom EuGH bestätigt werden, könnte dies bedeuten, dass die Organschaft nur insoweit anzuerkennen ist, wie sie keine steuerlichen Vorteile bietet! Zudem wäre der Grundgedanke, dass es sich beim Organkreis um ein einheitliches Unternehmen handelt, zerstört (denn eine Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe scheint vom Tisch zu sein).
Wie dann eine Besteuerung von „steuerbaren Innenleistungen“ bei der Organgesellschaft abgewickelt werden sollte, hat der BFH möglicherweise noch nicht zu Ende gedacht. Eine gegen die Stiftung (den Organträger) gerichtete Steuerfestsetzung scheint nicht sachgerecht. Wie sich die Streitfrage dann überhaupt auf die Steuerfestsetzung gegen die Stiftung (Kläger und Revisionsbeklagter) auswirken soll, wird der BFH später erklären müssen.
Was also hat den BFH motiviert? Erinnerungen an die Sesamstraße — oder soll hier doch einfach weiter an den Grundfesten der Organschaft gerüttelt werden?
Fundstelle: BFH-Beschluss vom 26.01.2023 V R 20/22 (Anschluss an Niedersächsichses FG 16.10.2019, BFH 07.05.2020 V R 40/19 und EuGH 01.12.2022 C-269/20)
Autor: Thore Guse