Überentnahmen in einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur

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Überentnahmen in einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur

In dem Urteilsfall ging es um die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in einer mehrstöckigen Personengesellschaft. Nach § 4 Abs. 4a EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Überentnahmen liegen vor, wenn die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Eine Entnahme ist betriebsbezogen zu definieren.

Mit Urteil vom 27.09.2023 – IV R 8/21 entschied der BFH, dass die betriebsbezogene Betrachtung im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG auch bei mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen gilt.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war jeweils zu 94% als Kommanditistin an der YG KG und an der YL KG beteiligt. Alleinige Kommanditistin der Klägerin war die X-KG.

Die Klägerin veräußerte im Rahmen eines Sale-and-lease-back-Geschäfts die Betriebsimmobilie an die YG KG und YL KG. Die Kommanditistin der Klägerin, die X-KG, gewährt der YG KG und der YL KG zur Finanzierung jeweils ein Darlehen. Die Klägerin gewährte wiederum der X-KG ein Darlehen zur Refinanzierung, hob diese jedoch im gleichen Jahr wieder auf. Die Rückzahlungsansprüche der Klägerin sollte mit den Ansprüchen der X-KG auf Auszahlung des auf sie entfallenden Jahresüberschusses verrechnet werden.

Im Rahmen der Ermittlung ihres Gewinns übertrug die Klägerin, den Gewinn aus der Veräußerung ihres Betriebsgrundstücks nach § 6b EStG auf die Anschaffungskosten der von der YG KG und der YL KG erworbenen Betriebsimmobilie. Für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG behandelte die Klägerin den übertragenen Gewinn nach § 6b EStG als Einlage.

Dem folgte das Finanzamt nicht und rechnete dem erklärten Gewinn nicht abziehbare Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG außerbilanziell hinzu, ohne den übertragenen § 6b EStG Gewinn als Einlage zu berücksichtigen.

Der BFH entschied wie folgt:

  • Auch im Bereich der mehrstöckigen Personengesellschaften ist die Entnahme betriebsbezogen zu definieren. Der Schuldzinsenabzug ist für jeden Betrieb gesondert zu ermitteln.
  • Aus der Übertragung des Gewinns nach § 6b EStG ergeben sich keine Auswirkungen auf die Berechnung der Überentnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG. Es fehlt an der Zuführung eines Wirtschaftsguts im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG, denn der Abzug nach § 6b Abs. 1 EStG und auch die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG stellen kein (einlagefähiges) Wirtschaftsgut dar.

Dementsprechend bestätigte der BFH die Vorinstanz, das FG München.

Diese hatte die Verrechnung des der X-KG zustehenden Jahresüberschusses mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin als Verwendung von Mitteln für betriebsfremde Zweck und damit als Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG berücksichtigt.

Eine korrespondierende Einlage in das Vermögen der Klägerin liegen indes nicht vor. Die Tilgung der Forderung der Klägerin aus dem Refinanzierungsdarlehen bewirke zwar den Wegfall der Verbindlichkeit. Sie stelle jedoch keine Einlage in das Betriebsvermögen der Klägerin dar.

Ebenso wenig ergeben sich aus der Übertragung des aus der Veräußerung der Betriebsimmobilie resultierenden Gewinns nach § 6b EStG auf die Anschaffungskosten der Betriebsimmobilie bei der YG KG und YL KG Auswirkungen auf die Berechnung der Überentnahmen bei der Klägerin. Denn es wird lediglich buchhalterisch ein erzielter Gewinn übertragen. Dies führt jedoch nicht zu einer Zuführung eines Wirtschaftsgutes. Der Abzug nach § 6b EStG stellt kein einlagefähiges Wirtschaftsgut in Sinne des § 4 Abs. 4a EStG dar.

Autor: Julia Pietrzik

Foto: Mathieu Stern via Unsplash