Keine Revision bei nicht klärungsfähiger Frage

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Gegen finanzgerichtliche Urteile ist die Revision nur unter den Voraussetzungen des § 115 FGO zulässig. Zum Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat der BFH jetzt in einem bemerkenswerten Beschluss klargestellt, dass diese nur vorliegt, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage mit

  • ja oder
  • nein

beantwortet werden kann.

Kann die Frage nur mit „kann sein“ beantwortet werden, ist sie nicht klärungsfähig und damit die Revision nicht zuzulassen!

Im Streitfall ging es um die Frage, ob eine Holdinggesellschaft Unternehmer i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG ist.

Das FA führte als gegen die Unternehmereigenschaft sprechenden Umstand an, „dass die Klägerin auch die Kosten für eigene Leistungsbezüge in das von den Tochtergesellschaften an sie zu zahlende Entgelt kalkulatorisch einbezogen hat“. Dies sollte aus Sicht des FA gegen einen Leistungsaustausch zwischen Holding und Tochter sprechen – was das Finanzgericht anders beurteilt hatte.

Die Einschätzung des BFH dazu lautet:

„Die (…) aufgeworfenen Rechtsfragen beziehen sich im Kern auf tatsächliche Verhältnisse des konkreten Einzelfalls und ihre rechtliche Würdigung. Sie sind einer allgemeinen und abstrakten Klärung mithin ebenso wenig zugänglich. Es handelt sich insoweit gleichfalls um nicht klärungsfähige Rechtsfragen.“

Die Frage, ob die Holdinggesellschaft Unternehmer ist, fällt daher nicht in die Kategorie „ja/nein“, sondern „kann sein“. Damit ist sie aus Sicht des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht abstrakt klärungsfähig. Dies bedeutet natürlich nicht, dass sie absolut nicht klärungsfähig ist, sondern dass sie aufgrund der Tatsachenfeststellungen des konkreten Einzelfalls durch das Finanzgericht als (einziger) Tatsacheninstanz „klärungsfähig“ im Sinne von „beantwortbar“ ist – und das Finanzgericht mit seinem Urteil eine abschließende Entscheidung fällt.

Mit seinem Beschluss macht der BFH im Ergebnis deutlich, dass es sich hier um eine Tatsachenentscheidung handelt, die allein dem Finanzgericht und nicht dem BFH obliegt. Dies steigert die Bedeutung der Entscheidung des Finanzgerichts, da gegen sein Urteil kein weiteres Rechtsmittel gegeben ist. Der BFH schützt sich insoweit auch selbst vor einer (extrem) ansteigenden Zahl von Revisionsverfahren, die nach meiner Einschätzung auch durch eine allgemein „großzügige“ Zulassung der Revision durch viele Finanzgericht bedingt wird. Auch für den „Umweg“ über die Nichtzulassungsbeschwerde signalisiert der BFH mit diesem Beschluss, dass er die Revisionszulassungsgründe tendenziell eng auslegt.

Fundstelle: BFH-Beschluss vom 10.01.2024, XI B 13/22

Autor: Thore Guse

Foto: Tingey Injury Law Firm via Unsplash